Vortrag bei C13, 28.05.2009: Nachwuchsarbeit, Datentechnik und Netzwerke

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1 Kernaussagen

  • Der Amateurfunk ist nicht tot

Der Amateurfunk ist nicht tot, sondern wir haben nur nicht auf die richtigen Themen gesetzt. Insbesondere haben wir uns durch den Blick auf die Nutzbarkeit des Amateurfunks lähmen lassen: "Wozu braucht man noch Amateurfunk, wenn es das Internet gibt" - das ist eine grundfalsche Frage. Ich möchte aufzeigen warum.

  • Amateurfunkdienst ist Experimentierfunkdienst

Amateurfunk als Experimentierfunkdienst im Sinne des Gesetzgebers anhand einiger Experimente mit WLAN-Routern:

    • Anatomie eines WLAN-Routers
      • Der Erstversuch, 36 MBit/s über 5 Kilometer
      • Das Szenario
      • Die verwendete Hardware
      • Erkenntnisse aus den einzelnen Entwicklungsabschnitten
    • Das Meisterstück
      • Das Szenario
      • Die verwendete Hardware
      • Stand des Projekts
    • Kontext von HAMNET

2 Der Amateurfunk ist nicht tot

So alle 3-4 Wochen besuche ich meine Freunde bei DB0MHB. Am 9. Mai hatten wir überdies noch weiteren Besuch, und es entspann sich eine rege Diskussion um den Amateurfunk an sich und um Themen innerhalb unseres Hobbys, aber auch rund um Fragen, wie man dieses Hobby so "lebt". Ein OM, dessen Namen und Call ich leider vergessen habe, brachte die These vor, daß es ja nicht mehr viel Sinn mache, sich mit Amateurfunk zu beschäftigen, da es ja nun das Internet gebe.

Diese These hat mich zum Nachdenken gebracht, und soll auch Aufhänger des ersten Teils dieses Vortrags sein: Ist der Amateurfunk tot, seitdem es das Internet gibt?

3 Amateurfunkdienst als Experimentierfunkdienst

Als ich 1989 meine Lizenz gemacht habe, hat man uns in den Kursen noch mit Nachdruck vermittelt, daß Leitungen von AMateurfunkgeräten mindestens 1 Meter von Telefonleitungen entfernt sein müssen. Amateurfunkgerätschaften dürften nicht zu Zwecken verwendet werden, die kommerziellen Telekommunikationsfirmen die Butter vom Brot nehmen können. Damit war vor allem die Telekom (damals Deutsche Post) gemeint.

Und wenn man noch weiter zurück geht, war der Amateurfunkdienst auch als rechtliches Statut für Zivilpersonen gedacht, die sich mit nicht-kommerziellen Absichten und aus Interesse mit Funk- und Fernmeldetechnik beschäftigen wollten. Damals, nach dem 2. Weltkrieg, und besonders im Kalten Krieg, war Fernmeldetechnik kriegsentscheidend und damit der strengen Kontrolle hoheitlicher Organe und vor allem der Bundeswehr und der Geheimdienste unterworfen. Eine unkontrollierte funktechnische Betätigung war etwas für Spione, und dies zu kontrollieren, Aufgabe der Abschirmdienste. Also brauchte man ein Überdruckventil, ein Rechtsstatut, unter dem Privatpersonen sich legal mit Funk beschäftigen konnten. Das Ziel dieser Privatpersonen war selten, ein Gerät zu besitzen, mit dem man sich kostenlos mit seinen Freunden unterhalten konnte. Vielmehr kamen die meisten frühen Funkamateure zu ihrem Hobby, weil sie meist als Jugendliche einen Minisender im Rundfunkband gebastelt hatten, und ihnen jemand (gerade noch) freundschaftlich geraten hatte, solche Aktivitäten in das Amateurband zu verlegen, und zwar bittesehr erst nach Bestehen einer Amateurfunkprüfung.

Feststellung: Der Amateurfunk war am Anfang ein Experimentierfunkdienst für neugierige Zeigenossen, und keine Vorwegnahme einer Telefonieflatrate.

Da man nun das Ausbleiben von jungen Interessenten beklagt, ist die Frage angebracht, was denn eigentlich mit der Funktechnik in den letzten Jahren so passiert ist: Die Funktechnik ist beinahe durchweg digital geworden. Die Fernmeldeelektronik hat ein Schwesterchen bekommen, nämlich die Informatik: Beinahe jeder Mensch trägt einen leistungsstarken Rechner mit sich herum, mit dem man heute telefonieren kann. Und viele Leute besitzen ein Notebook, in dem häufig sogar zwei Funkgeräte eingebaut sind: WLAN und Bluetooth.

Erstaunlicherweise verstehen viele Leute den Amateurfunk aber als ein Themengebiet, der gerade diese Entwicklung bewußt ausklammert: WLAN, Bluetooth, ZigBee, GSM, UMTS, EDGE, GPRS usw. haben im Amateurfunkdienst nichts verloren!!!???!!!!

Dies wollte ich so nicht akzeptieren und so habe ich angefangen, mich mit hochleistungsfähigen GHz-Links zu beschäftigen, deren Hardware man an jeder Straßenecke und bei Ebay billig kaufen kann. Angefangen habe ich - ganz der Informatiker - mit der Idee, daß ich einen Router haben wollte, den ich wegen seiner energiesparenden Leistungsaufnahme immer laufen lassen konnte, und mit dem ich beispielsweise meine Sicherungsjobs ansteuern konnte. Es ging los mit einem Cisco Linksys Cisco Linksys WRTSL54GS. Um über die serielle Schnittstelle an das Betriebssystem zu kommen, benötigte ich einen Levelshifter. Doch bald war dieses Ding zerlötet, denn ich hatte noch nicht so viel Erfahrung bei derart kleinen Leiterbahnen. Ein neues Gerät mußte her. Ein ASUS WL-500GP. Der hatte nämlich gleich zwei USB 2.0 Schnittstellen und zwei serielle Ports. Aber dazu brauchte man zwei Levelshifter. Also baute ich gleich noch welche. Die paßten aber nicht mehr in das Gehäuse. Also mußte ein neues Gehäuse gebaut werden.

Und dann kam der Gedanke auf, damit endlich einmal Packet Radio auszuprobieren. Also brauchte ich noch einmal einen ASUS WL500GP, zwei TNC2H und zwei T7F. Aber als ich feststellte, daß diese Links ja vergleichsweise langsam waren, kam die Idee, einen Link mit WLAN-Technik zu basteln. Den Packet Radio Versuch führe ich trotzdem weiter, weil SlowSpeed-verbindungen auch einen lehrreichen effekt haben, sowie den schönen Vorteil, über den Horizont hinaus zu funktionieren.

Aber als ich feststellte, daß ich bei 2,4 GHz keine 20 Meter Kabel verwenden konnte, mußte ein kleiner, leichter und neuer Router her, und das war dann der Fonera Router. Dieses kleine Ding ist echt beachtlich, denn es braucht ca 3 Watt Leistungsaufnahme, ist ein vollständiger Unix-Rechner (Linux) und er ist sehr reich mit Schnittstellen bestückt:

  • WLAN
  • Ethernet
  • GPIO
  • seriell 115 kBit/s

Für den seriellen Zugang brauchte man wiederum einen LevelShifter, also baute ich noch einige. Und da für eine Linkstrecke ein einziger Linktransceiver nicht reicht, gab es das alles noch einmal im Doppelpack.

4 Anatomie eines WLAN-Routers

Ein WLAN-Router ist erst einmal ein Rechner. Er besteht aus einem Speichermedium (Flash, 8 MB), einer CPU (MIPS), einer Menge Arbeitsspeicher (16MB), einem BUS-System, das all das miteinander verbindet, und Schnittstellen, nämlich zwei Netzwerkschnittstellen (WLAN / Ethernet), einer seriellen Schnittstelle und einer GpIO-Schnittstelle, ebenfalls seriell.

Jeder Rechner braucht einen Startcode. Beim PC ist das das BIOS, beim Fonera ist es das Redboot. Wenn man die serielle Schnittstelle anschließt, kommt man direkt nach dem Booten ins Redboot. Das RedBoot ist ein Programm, das einen eigenen Speicherbereich auf dem Flash belegt. Diesen Bereich darf man keinesfalls überschreiben, sonst kommt man nach dem nächsten Starten nicht mehr in das Redboot rein. Das wars dann.

Neben dem Redboot kann man noch weitere Bereiche aif dem Flash belegen, nämlich den Kernel und die Partition für die Verzeichnisse.

Der Kernel ist das eigentliche Betriebssystem. Es ist ein Programm, das dauernd läuft, und den Betrieb der Maschine ermöglicht. Das Redboot lädt den Kernel vom Flash in den Hauptspeicher und startet ihn. Dann initialisiert der Kernel die gesamte Hardware, aktiviert die restliche Partition mit den Verzeichnissen und beginnt mit dem Startvorgang des Linux-Systems.

Falls Netzwerkkarten konfiguriert sind, werden sie aktiviert - genauso die WLAN-Schnittstelle. Und ab jetzt wird gefunkt.

Der Kernel ist natürlich ein Linux-Kernel, weil andere Kernels, besonders Windows, mit diesen engen Leistungsgrenzen massiv überfordert sind. Und das Projekt, das solche Installationspakete bereitstellt, nennt sich OpenWRT. Man lädt aus dem Netz einfach eine Datei herunter und spielt sie über TFTP auf den Router, startet ihn neu und das wars.

5 Setting up a WIFI link between DL8RDS and DB0MHB

DB0MHB ist etwa 5 Kilometer Luftlinie von meinem Zuhause entfernt. Und wir haben Sichtverbindung. Also beste Bedingungen für einen ersten Versuch. Ich muß zugeben, ich hatte zuvor noch keine Berührung mit 13 cm und dem SHF-Funk im Besonderen. Daher hatte ich keinerlei Vorstellung von den Eigenheiten dieser Frequenzen. Ich hatte eine TONNA Yagi für WLAN ersteigert, sie war bei DB0MHB montiert. Auf meiner Seite verwendete ich eine ersteigerte WLAN-Richtantenne, angeblich auch eine Yagi, in einem weissen Plastikrohr. Ich legte sie auf einen Wäschekorb und fuhr auf den Berg. Oben verwendete ich einen ASUS als Gegenstelle, der mit ca 10 Meter RG213 an der TONNA angeschlossen war. Kurz, ein Kontakt kam nicht zustande. Enttäuschung machte sich breit. Aber Bernd, DJ6PA ließ sich nicht beirren, denn er hatte schon zahlreiche Versuche auf 10 GHz gemacht, und 30 Kilometer waren idR kein Problem bei Sichtverbindung.

Nächster Versuch, diesmal mit einem etwas saubereren Aufbau. Auf beiden Seiten gab es diesmal einen Fonera Router, und die Kabellänge zur Antenne war sehr kurz. Auf der DL8RDS-Seite achtete ich auch auf die Polarisation, diesmal nicht mehr mit dem untauglichen Rohr, sondern mit einer ebenfalls ersteigerten Yagi.

Und so klappte der Link auf Anhieb und blieb den ganzen Abend über mit 36 MBit/s stabil.

Erkenntnisse:

  • Achte auf die Polarisation
  • Halte die Koax-Kabel sehr kurz
  • Elimination von Dämpfung auf dem Empfangsweg ist einfach, Erhöhen der Sendeleistung wegen der S/E Umschaltzeiten technisch schwierig und häufig nicht legal (zumindest für nicht-Lizensierte)
  • Eine gute Antenne ist der beste Verstärker (Gähn, wir Funkamateure wissen das eh schon lange)

6 Das Meisterstück

Interessant war, daß wir trotz der guten Bedingungen keine 54 MBit geschafft hatten. Und offenbar gab es an jeder Ecke noch Optimierungsmöglichkeiten. Und es gibt Berichte von WLAN-Shootout-Versuchen über mehrere 100 Kilometer. Das war Ansporn, die nächst höhere Hürde zu reissen.

Jan DG8NGN hatte mir von Mikrotik-Routerboards erzählt, und besonders von WLAN-Karten, die man angeblick außerhalb der Allgemeinzuteilung und im Amateurband betreiben könne. Also als 'echten' Amateurfunk. Da war ich neugierig geworden.

Die Hardware:

  • MIPS-CPU
  • 8 MB Flash
  • 64 MB RAM (das ist schon recht viel)
  • 3 MiniPCI-Sockets beim 433er, 1 MiniPCI beim 411er.
  • 2 LAN-Ports
  • 1 serieller Port

Und das Betriebssystem ist eines namens RouterOS, eigentlich auch ein Linux. nur eben, daß man über die serielle Schnittstelle keine Shell bekommt, sondern eine Konfigurationsumgebung. Aber das macht ja nichts.

Dazu ersteigerte ich zwei 1m-Parabolspiegel, die jahrelang in einem Keller verpackt gelagert hatten und neu waren.

Nun wollten wir eine Richtfunkstrecke bauen, die über möglichst 30 Kilometer oder mehr einen stabilen HighSpeed Link zur Verfügung stellt. Die Idee war, DB0MHB an DB0RGB anzubinden, falls dies möglich war. Von den OMs von RGB habe ich bislang leider nichts gehört, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Im Moment haben wir also keine feste Gegenstelle für den Link, aber dieses Problem wird lösbar sein.

RouterOS hat nun eine sehr interessante Eigenschaft: Man kann über das sog. NStreme-protokoll, falls man zwei WLAN-Karten hat, den Sendeweg vom Empfangsweg trennen. Wenn man crossband fährt, also gemischt fullduplex 2,4 GHz / 5,6 GHz, ergeben sich nette Möglichkeiten: Man kann vor die empfangende Karte ein hochselektives Eingangsfilter setzen und einen Vorverstärker ansteuern.

Dabei haben wir festgestellt, daß diese handelsüblichen WLAN-Karten quasi taub sind. Bei -80dB gibt es keinen Vergleich zu der Empfindlichkeit normaler Amateurfunkgeräte. Ein Vorverstärker tut also Not.

Wir beabsichtigen also, zwei konzentrische Ringerreger ineinander aufzubauen, wobei der jeweils empfangende Erreger direkt in einen Vorverstärker führt. Die Ringerreger werden dann im Brennpunkt des Spiegels positioniert.

Der Stand des Projekts ist, daß wir im Moment die Ringerreger bauen und noch keine Berichte und Tests vorliegen.

7 Der HAMNET-Kontext

Funkamateure des osterreichischen OEVSV haben in ganz Österreich ein HighSpeed-IP-netz auf Basis von WLAN-Routern und Richtstrecken aufgebaut, das explizit für Funkamateure da ist. Deutsche Funkamateure, voran der DV von Oberbayern, Christian DL3MBG, hat eine Initiative gestartet, in Bayern ebenfalls ein solches Linkstreckennetz zu schaffen und dieses an das österreichische Netz anzubinden.

Allerdings ist das KnowHow bei solchen Netzen noch nicht sehr breit gestreut. Es gilt also, in den Distrikten interessierte Funkamateure zu finden, die am Aufbau eines solchen Netzes mitwirken wollen.

Die Link-Versuche von DB0MHB sind Initiativen, in diesem Feld KnowHow zu sammeln und in der Oberpfalz für diese Technik zu werben. Das Ziel ist, das entstehende HAMNET bis in die Oberpfalz und darüber hinaus weiterzuführen.

8 Fazit

Auch wenn das HAMNET dazu da sein wird 'genutzt' zu werden, ist zumindest der Aufbau selbst eine große technische Herausforderung. Es ist endlich ein technologisch moderner Bastelplatz, bei dem man zwar nicht mehr an den SMD-Bausteinen herumschraubt, aber bei dem man sich dort verwirklichen kann, wo dies technisch möglich ist, und das ist der Antennebau und die Softwarekomponenten.

Das Ziel ist nun nicht, das Internet zu ersetzen, Das HAMNET wird nicht mit dem Internet gekoppelt werden, aber es ist ein Spielplatz an und für sich, in dem zahlreiche Informatik-Anwendungen entstehen werden. Es ist der Brückenschlag zwischen der Nachrichtentechnik und der Informatik.

Darüber hinaus gilt schon immer: Die Jugend will nicht die Vergangenheit begreifen, sondern die Gegenwart. Wenn wir Jugend bei uns im Verband haben wollen, müssen wir ihnen auch die Nachrichtentechnik der Gegenwart präsentieren. Aus diesem Grund ist es ein guter Weg, mit Gegenwartstechnik zu beginnen. Was in Zukunft kommt, darüber kann man nur spekulieren, aber der Weg ist in meinen Augen auf jeden Fall der Richtige: Wir müssen zum Experimentierfunkdienst zurückkehren. Und wir müssen wie damals am Anfang verstehen, daß unser Hobby nicht "funken" heißt, sondern "Angewandte Physik", welche zur Funktechnik wird, wenn die Wellen elektromagnetisch werden und ihr Schwingungselement verlassen.